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„Wir können bei enaCom auf sehr viele Ressourcen zugreifen, die unglaublich wichtig für unser Start-up sind.“

v.l.n.r.: Nacira Richi, Dr. Tobit Esch, Sören Böckmann
© NFX Systems GmbH

Mit einer KI-basierten „Marketingagentur für die Hosentasche“ möchte das Bonner Start-up NFX Systems GmbH kleinen Unternehmen den Zugang zu professionellem Marketing erleichtern. Unterstützt werden Nacira Richi, Dr. Tobit Esch und Sören Böckmann bei ihren Vorbereitungen des Go-Lives vom Transfer Center enaCom an der Universität Bonn, das das Trio mit intensivem Coaching, fundierter Beratung und einem starken Netzwerk begleitet. Gefördert wird das Team zudem durch das Landesprogramm Start-up Transfer.NRW. Im Interview erklärt Co-Founder Sören Böckmann, warum vor allem Kleinstbetriebe von ihrem Tool profitieren sollen, wie die Unterstützung durch enaCom aussieht.

Herr Böckmann, Sie entwickeln ein KI-basiertes Tool, das kleine und mittlere Unternehmen beim Marketing unterstützt. Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Böckmann: Mit unserer Marketingagentur für die Hosentasche haben wir vor allem Kleinstunternehmen im Blick, die selber kein professionelles Marketing betreiben können, weil sie zu wenig Zeit, zu wenig Geld oder zu wenig Know-how dafür haben. Ein Tischler zum Beispiel hat schlichtweg keine Zeit, sich mehrere Stunden pro Woche um Instagram-Strategien zu kümmern, Storys zu produzieren oder Hashtags zu recherchieren. Unsere App bietet diesen Betrieben daher Zugang zu professionellen Marketingressourcen. 

Was bedeutet das?

Böckmann: Marketing bedeutet heute nicht nur Werbung, sondern auch Storytelling: Kundinnen und Kunden mitzunehmen, ihnen Einblicke hinter die Kulissen zu geben und zu zeigen, was ein Unternehmen besonders macht. Gerade kleine Betriebe haben hier viel Potenzial: die lokale Verankerung, spezielle Techniken oder Mitarbeitende, die seit Jahrzehnten dabei sind. Nehmen wir eine Bäckerei, die seit Generationen in der Stadt präsent ist, nach eigenen Rezepten backt und von treuen Kundinnen und Kunden lebt. In solchen Betrieben stecken unzählige Geschichten, die erzählt werden wollen. 

Wenn wir bei dem Beispiel Bäckerei bleiben. Wie würde die Ihr Tool nutzen?

Böckmann: Wir haben KI-Agenten entwickelt, die selbstständig Aufgaben planen und ausführen. Je nach Auftrag arbeiten jeweils fünf bis zehn Agenten im Hintergrund. Sie nutzen das Material unserer Kundinnen und Kunden und ergänzen es durch eigene Recherchen. Das bedeutet zum Beispiel, dass unsere KI-Agenten online recherchieren, wie sichtbar diese Bäckerei bereits in der Öffentlichkeit ist. Wird sie in der Lokalzeitung erwähnt? Was sagt Google Maps? Gibt es eine Website oder einen Onlineshop? Usw. Parallel dazu schlagen unsere Agenten dem Unternehmen auch Marketingideen vor, etwa: „Der Tag der offenen Tür steht bevor. Wollen wir etwas für Instagram vorbereiten? Sollen wir eine Pressemitteilung für die Lokalzeitung erstellen?“ Dabei berücksichtigen wir, welche Kanäle für das Unternehmen sinnvoll sind. Eine Architektin kommuniziert schließlich ganz anders als ein Malerbetrieb. Unsere KI-Agenten klären daher bereits beim Onboarding: Wer sind die Kundinnen und Kunden? Welchen Medien nutzen sie? Wie möchte sich der Betrieb positionieren? 

Sie sprechen von „wir“. Wer gehört zum Gründungsteam?

Böckmann: Wir sind zu dritt. Nacira Richi ist unsere Frontend-Entwicklerin. Sie hat lange bei einem großen Software-Unternehmen gearbeitet und bringt die Expertise in UI/UX und Frontend-Design mit, die wir brauchen, damit unsere App für den Kunden gut bedienbar ist. Dr. Tobit Esch ist unser KI-Experte. Er verantwortet das Backend und die gesamte Agentenplattform. Zudem bringt er viel unternehmerische Erfahrung mit. Er war bereits mehrfach Gründer und zuletzt CEO einer Software-Beratungsfirma. Ich selbst arbeite seit über sieben Jahren im digitalen Marketing. Kennengelernt haben wir uns über verschiedene Projekte. Tobit und ich haben uns nach einem Vortrag bei der IHK vernetzt, Nacira kam während des Corona-Lockdowns dazu. Wir ergänzen uns fachlich perfekt und arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen. 

Sie werden vom Transfer Center enaCom an der Universität Bonn betreut. Wie sieht diese Unterstützung aus?

Böckmann: Wir können bei enaCom auf sehr viele Ressourcen zugreifen, die unglaublich wichtig für unser Start-up sind. Als Gründungsteam benötigt man vielfältiges Know-how und genau das bekommen wir bei enaCom sehr niedrigschwellig. Einerseits durch die vielen Events und andererseits, und das ist das Wertvollste für uns, durch das persönliche Coaching. Unsere Sparringspartnerin ist extrem engagiert und hat uns schon mehrfach weitergeholfen. Beim Pitch-Deck etwa war es Gold wert, jemanden an der Seite zu haben, der das schon unzählige Male gemacht hat. Gleiches gilt für die Finanzplanung und die strategische Ausrichtung. Es hilft enorm, eigene Ideen mit einer erfahrenen Person abgleichen zu können, die einem neue Impulse gibt. 

Sie werden noch bis Januar 2026 durch das Programm Start-up Transfer.NRW gefördert. Warum hatten Sie sich dafür entschieden?

Böckmann: Das Programm passt perfekt zu uns, weil wir viel Forschungsarbeit leisten mussten. Unser KI-Agentensystem muss umfassend getestet werden – eine Herausforderung, nicht zuletzt, weil es sich um eine sehr junge Technologie handelt. Die enge Kooperation mit der Universität ist deshalb sehr wichtig für uns. Wir sind im Rahmen der Förderung alle drei beim Institut für Informatik, am Lehrstuhl von Prof. Dr. Jürgen Gall, angestellt und können dort Forschung und Entwicklung betreiben, bevor wir voll am Markt performen müssen. Auch wenn die Beantragung von Start-up Transfer.NRW ziemlich bürokratisch war – es lohnt sich. 

Gab es auch Hürden, mit denen Sie nicht gerechnet hatten?

Böckmann: Wir haben fast jeden Tag mit Hürden zu tun, die wir vorher nicht auf dem Schirm hatten. Aber wir stellen uns ihnen gerne. Wir sind gut vernetzt – nicht nur an der Uni Bonn und bei enaCom, sondern auch mit externen Unterstützern. Deshalb gehen wir die Herausforderungen gelassen an. 

Und welche Erfahrungen waren besonders positiv?

Böckmann: Da sind zunächst einmal unsere ersten Kunden. Wir haben zum Beispiel eine Kundin, die einen Bio-Hof mit Direktvermarktung führt und unser Tool schon seit einigen Monaten sehr aktiv für ihre Social-Media-Strategie nutzt. Außerdem pitchen wir unser Produkt derzeit auf Investorenmarktplätzen. Das große Interesse dort gibt uns viel Rückenwind. 

Wie sieht es denn mit einer Anschlussfinanzierung aus? Gibt es bereits konkrete Gespräche?

Böckmann: Ja. Wir sind sowohl mit der NRW.BANK bezüglich SeedCon als auch mit privaten Investorinnen und Investoren im Austausch. Noch ist nichts spruchreif, aber wir sind optimistisch. 

Zu guter Letzt: Wie blicken Sie in die nähere Zukunft?

Böckmann: Wir führen gerade Tests mit Pilotkunden durch. Unser Go-to-Market startet in den kommenden Wochen, dann steht unsere App in allen großen Stores bereit. Außerdem sprechen wir mit Branchenverbänden, Handwerksinnungen und Biohöfen, um herauszufinden, wo der Bedarf besonders groß ist. Parallel arbeiten wir an neuen Features, um Kleinstunternehmen noch mehr Marketingmöglichkeiten zu bieten. Kurz: Wir entwickeln Produkt und Unternehmen auf allen Ebenen weiter und planen, ab 2028 profitabel zu arbeiten.

Weitere Informationen:

www.narraflix.com

Stand: November 2025

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn wurde im Juli 2025 im Rahmen der Landesinitiative „Start-up Center.NRW“ ausgewählt. Sie wird im Rahmen ihres Projekts "U-Bo-LIFE-AI" ihre Gründungskultur weiterentwickeln und ihr Angebot für gründungsinteressierte Studierende, Forschende und Mitarbeitende ausbauen.