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Rückblick: Kongress „Hochschulen als Keimzellen für Start-ups“

08.10.2025 |Allgemein, NRW
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Zwei Tage lang stand der EUREF-Campus in Düsseldorf ganz im Zeichen der akademischen Gründungsszene. Rund 300 Vertreterinnen und Vertreter aus Hochschulen, Wirtschaft, Politik und Start-ups kamen beim Kongress „Hochschulen als Keimzellen für Start-ups“ zusammen, um Bilanz zu ziehen, Erfahrungen auszutauschen und neue Impulse für das nordrhein-westfälische Start-up-Ökosystem zu setzen. 

Eingeladen hatte das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW (MWIKE). Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse des Förderprogramms „Exzellenz Start-up Center.NRW“ (ESC.NRW) sowie der Start neuer Initiativen: „Start-up Center.NRW“ und „Start-up Fokuszentren.NRW“, beide kofinanziert aus EFRE-Mitteln. Deutlich wurde, dass Nordrhein-Westfalen seine Hochschulen konsequent als Motoren für Innovation, Unternehmertum und nachhaltige Wertschöpfung versteht.

Mehr Mut, Kapital und Kooperation – Panel zur Finanzierung

Zum Auftakt am 1. Oktober begrüßte Remo Gonschorek, Gruppenleiter im Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, die Teilnehmenden und zog eine positive Zwischenbilanz: Die ESCs hätten den „Paradigmenwechsel“ an den Hochschulen eingeleitet: Studierende denken unternehmerischer, Forschende gründen häufiger und viele Projekte überdauern die Förderphase.

In der anschließenden Diskussionsrunde über Finanzierung und Rahmenbedingungen für Start-ups wurde deutlich: NRW steht bei Gründungszahlen bundesweit auf Rang drei, doch bei großen Wachstumsfinanzierungen und Unicorns besteht Nachholbedarf. Franziska Teubert vom Bundesverband Deutsche Start-ups mahnte: „Wir müssen die zweite Stufe zünden – von vielen kleinen Gründungen hin zu Scale-ups und Marktführern.“

Sebastian Hanny-Busch von der NRW.BANK stellte heraus, dass das Land seine Investitionen in Venture Capital Fonds ausbaut und Start-ups zunehmend bei Finanzierungsstrategien begleitet. Gründer Philipp Pflüger (ChemInnovation GmbH, Uni Münster) schilderte aus der Praxis: „Private Investoren meiden Risikoforschung – hier muss der Staat weiter unterstützen.“

Einigkeit herrschte darin, dass Hochschulen Entrepreneurship Education strukturell verankern müssen, idealerweise mit eigenem Budgetanteil. Ebenso wurden schlankere IP-Transfer-Prozesse, gründungsfreundliche Verwaltungsstrukturen und engere Kooperationen mit der etablierten Wirtschaft gefordert.

Innovationen auf der Bühne – sechs Hochschul-Start-ups im Pitch-Wettbewerb

Am Abend präsentierten sechs junge Unternehmen aus dem ESC.NRW-Verbund ihre Geschäftsideen. Den 1. Platz belegte die ONE WARE GmbH (Universität Paderborn) mit einem KI-System, das die Entwicklung von Bildverarbeitungssoftware automatisiert. BioThrust (RWTH Aachen) überzeugte mit einem neuen Bioreaktor für Zell- und Gentherapien, vGreens (TU Dortmund) erhielt Platz drei für seine KI-Plattform zur nachhaltigen Landwirtschaft. Anschließend lud die NRW.BANK die Teams zu einem Roundtable über Finanzierung und Internationalisierung ein.

Mona Neubaur: „Hochschulen sind zentrale Orte des Wandels“

Den zweiten Kongresstag eröffnete die Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur, die den Hochschulen für ihr Engagement dankte. Sie forderte, Gründungsförderung als dauerhafte Aufgabe in Forschung und Lehre zu verankern. Start-ups seien, so Neubaur, „strategische Akteure für Krisenbewältigung und Technologiesouveränität“. Die Ministerin kündigte an, dass das Land künftig stärker auf Verstetigung und eine geänderte Förderlogik setzt, um das „Valley of Death“ – den kritischen Übergang von Projektförderung zur Marktreife – besser zu überbrücken.

Start-up-Factories und Fokuszentren: Kooperation statt Konkurrenz

In einem moderierten Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der vier nordrhein-westfälischen Startup Factories wurde deutlich: Es geht weniger um Wettbewerb, sondern um Zusammenarbeit. Philippa Köhnk (BRYCK Startup Alliance) hob hervor, dass das Ruhrgebiet auf „Transformation durch Kooperation“ setze. Hochschulen, Wirtschaft und Kommunen ziehen dort gemeinsam an einem Strang. Tanja Ziemstein (Gateway Factory, Rheinland) sieht das Rheinland auf dem Weg zum europäischen Hotspot für Deep-Tech-Start-ups.

Exzellenz Start-up Center.NRW: Erfolgsmodell mit Strahlkraft

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft stellte aktuelle Ergebnisse des ESC-Programms vor: In nur fünf Jahren sei ein struktureller und kultureller Wandel an den Hochschulen gelungen. Über 1.100 Gründungen, 50.000 Teilnehmende und 107 neu geschaffene Dauerstellen belegen, dass Gründungsförderung inzwischen fest im Hochschulalltag verankert ist. NRW führt bundesweit bei Hochschulgründungen, Budgets und patentbasierten Start-ups. Damit haben die ESCs nicht nur ein neues Gründungsbewusstsein geschaffen, sondern bilden die Grundlage für die kommenden Förderlinien – vom Start-up Center bis zur Factory.

Start-up Fokuszentren.NRW: Fokus auf Diversität, KI und Klimaneutralität

Ein weiterer Programmpunkt war die Vorstellung der drei Start-up Fokuszentren.NRW.
Das FACE-Zentrum (Ruhr-Uni Bochum) unterstützt Gründerinnen, um den Frauenanteil in Start-up-Teams zu erhöhen. Das AI Center for Entrepreneurship (TU Dortmund & Uni Bonn) bündelt Expertise für KI-basierte Geschäftsmodelle, während das Net Zero Focus Center (Uni Köln) grüne Start-ups in Richtung Klimaneutralität begleitet. Alle drei Zentren verfolgen gemeinsame Ziele: den Aufbau starker Netzwerke, mehr Diversität und eine stärkere Sichtbarkeit über NRW hinaus.

ESC-Förderung hat Gründungskultur an Hochschulen nachhaltig verändert

Die Gesprächsrunde mit den Rektorinnen und Rektoren der sechs Exzellenz Start-up Center.NRW (ESC.NRW) machte eindrucksvoll deutlich, wie tiefgreifend die Förderung die Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen verändert hat. Moderiert von Tobias Häusler zogen die Hochschulleitungen eine gemeinsame Bilanz: Die ESC-Programme haben eine neue Gründungskultur geschaffen: sichtbar, messbar und nachhaltig.

Durch die Förderung ist es gelungen, Forschung, Lehre und Transfer enger zu verzahnen. Fast alle ESCs haben eigene Inkubatoren, Entrepreneurship-Lehrstühle und Beratungsstrukturen etabliert, die über die Projektlaufzeit hinaus fortgeführt werden. Der Ansatz, Gründungsförderung nicht isoliert, sondern als Querschnittsaufgabe zu verstehen, prägt inzwischen das Selbstverständnis vieler Hochschulen.

An der RWTH Aachen wurde mit dem Collective Incubator ein Modell geschaffen, das Forschung, Lehre und Transfer in einem Ökosystem vereint („Seamless Integration“).
Die Ruhr-Universität Bochum hat unter dem Dach der WORLDFACTORY eine „Schnellstraße für den Wissenstransfer“ etabliert, mit Inkubatoren in zentralen Forschungsfeldern. Die Universität zu Köln verbindet über das Gateway ESC und den privat finanzierten InnoDom akademische Forschung mit Unternehmertum und zeigt, dass Gründung auch in den Geisteswissenschaften funktioniert.

An der TU Dortmund öffnet das Centrum für Entrepreneurship & Transfer (CET) mit Formaten wie dem InnoClub die Universität in Richtung Mittelstand, während Kooperationen mit der BRYCK Startup Alliance den Zugang zu Kapital und Netzwerken stärken. Die Universität Münster profitiert durch das REACH – EUREGIO Start-up Center von einer engen Partnerschaft mit der niederländischen Universität Twente – ein Beispiel für erfolgreiche internationale Kooperation. Und in Paderborn haben das TecUP und die garage33 gezeigt, was regionale Transferstrukturen leisten können: über 600 Gründungsvorhaben, 200 Start-ups und 1.500 neue Arbeitsplätze in Ostwestfalen-Lippe.

Alle Standorte eint das Ziel, Gründung als festen Bestandteil der Hochschul-DNA zu etablieren. Mit individuellen Angeboten, interdisziplinären Teams und enger Einbindung regionaler Partner. „Die ESC-Förderung hat eine Dynamik ausgelöst, die weit über die Projektlaufzeit hinauswirkt“, lautete das gemeinsame Fazit der Hochschulleitungen.

„Verstetigung ist der Schlüssel“

Zum Abschluss forderte Dr. Johannes Velling vom Wirtschaftsministerium, die in den letzten Jahren aufgebauten Strukturen dauerhaft zu sichern: „Es kann nicht sein, dass Projekte nach drei Jahren wieder auf Null fallen.“ Er lobte die Hochschulen für ihr Engagement und ermutigte sie, eigene Mittel einzubringen, um die Gründungsförderung zu verstetigen.

Sein Fazit fiel optimistisch aus: NRW habe sich als führendes Gründungsland im Hochschulbereich etabliert. Das Ökosystem lebe von Austausch, Kooperation und einer klaren Vision: aus Ideen Zukunft zu machen – und aus Hochschulen echte Keimzellen für Start-ups.

Weitere Informationen:

Impressionen vom Kongress „Hochschulen als Keimzellen für Start-ups“